Was ist Integrative bindungsorientierte Traumatherapie® (IBT®) nach Katrin Boger?
Die integrative bindungsorientierte Traumatherapie® (IBT®) ist eine ganzheitliche Form der Psychotherapie für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
Sie unterstützt Menschen mit traumatischen Erfahrungen – insbesondere solchen, die in Beziehungen entstanden sind – dabei wieder Sicherheit, Vertrauen und innere Stabilität zu finden. IBT® verbindet moderne traumatherapeutische Methoden mit einem besonderen Fokus auf Bindung und Beziehung und hilft dabei, Selbstregulation und gesunde zwischenmenschliche Verbindungen zu entwickeln.
Sie basiert auf der Überzeugung:
Was in Beziehung verletzt wurde, kann auch nur in Beziehung heilen. Mit anderen Worten: nachhaltige Heilung ist durch sichere Bindungen und die Integration seelischer Erfahrungen möglich.
Grundlagen der IBT®
Die IBT® beruht auf mehreren wissenschaftlich fundierten Konzepten und Therapieansätzen:
- Bindungstheorie (John Bowlby, Mary Ainsworth)
- Traumatherapie
- Ego-State-Therapie / Arbeit mit inneren Anteilen
- Körperorientierte Verfahren
- Systemische Sichtweise
- Ressourcen- und Lösungsorientierung
- Imaginative Verfahren und kreative Methoden
Grundprinzipien der Integrativen Bindungsorientierten Traumatherapie (IBT®)
- Frühe Bindung prägt unser Leben: Die Qualität unserer ersten Bindungserfahrungen beeinflusst tiefgreifend unser Lebensgefühl, unser Selbstbild und unsere Fähigkeit, mit Stress umzugehen.
- Wunden in Beziehungen hinterlassen Spuren: Unsichere oder traumatische Bindungen können die seelische Entwicklung stark beeinträchtigen und langfristige Auswirkungen auf das Erleben und Verhalten haben.
- Wissenschaftlich fundiert: Die IBT basiert auf Erkenntnissen der modernen Traumaforschung – etwa aus der Neurobiologie und der Polyvagaltheorie – und integriert diese in ein praxisnahes therapeutisches Vorgehen.
- Ganzheitliches Verständnis von Trauma: Sie vermittelt ein tiefes Verständnis dafür, wie traumatische Erfahrungen Körper, Nervensystem und Psyche beeinflussen.
- Stabilisierung und Integration: Spezifische Techniken helfen dabei, innere Sicherheit aufzubauen, traumatische Erfahrungen zu verarbeiten und sie schrittweise zu integrieren.
- Das innere Team im Blick: Der Mensch wird als System verschiedener innerer Anteile verstanden. Nach einem Trauma können sich einzelne Anteile abspalten und durch belastende Symptome bemerkbar machen.
- Zurück ins Gleichgewicht: Ziel ist es, diese inneren Anteile zu erkennen, zu verstehen und wieder in ein stabiles inneres Gleichgewicht zu bringen.
- Trauma zeigt sich im Körper: Körperliche Symptome wie Muskelverspannungen, Herzrasen oder Magenbeschwerden sind oft Ausdruck seelischer Verletzungen.
- Regulation durch Körperarbeit: Körperwahrnehmung, Atemübungen, Bewegung und körperorientierte Methoden unterstützen die Regulation des Nervensystems und fördern das emotionale Gleichgewicht.
- Systemisches Denken: Das soziale Umfeld – Familie, Herkunft und wichtige Bezugspersonen – wird mit einbezogen, um Heilung auf mehreren Ebenen zu ermöglichen.
- Besondere Bedeutung der Bezugspersonen: Vor allem bei Kindern ist die aktive Einbindung der Bezugspersonen entscheidend für eine wirksame therapeutische Begleitung.
- Ressourcen stärken: Der Blick richtet sich nicht nur auf das Problem, sondern besonders auf die inneren Stärken, gesunden Anteile und Entwicklungsmöglichkeiten des Menschen.
- Zugang zum Inneren schaffen: Kreative Elemente wie Bilder, Rituale, Symbolarbeit und Geschichtenspiel unterstützen Kinder – und auch Erwachsene – dabei, Zugang zu ihrem inneren Erleben zu finden.
Für wen ist die Therapie geeignet?
Für Erwachsene, Jugendliche und Kinder, die:
- frühe oder schwere traumatische Erfahrungen gemacht haben (z. B. Gewalt, Missbrauch, Vernachlässigung)
- unter Ängsten, Stimmungsschwankungen, Dissoziation oder innerer Unruhe leiden
- Schwierigkeiten haben, Gefühle zu regulieren oder sich selbst zu spüren
- belastende Erfahrungen in Beziehungen gemacht haben
- bereits andere Therapien gemacht haben, sich aber nicht sicher oder verstanden gefühlt haben
- sich nach Verbindung, Sicherheit und Stabilität sehnen
Für Kinder, die:
- schlimme Erlebnisse hatten (z. B. Verlust, Trennung, Vernachlässigung, Missbrauch)
- oft traurig, wütend oder sehr still sind
- starke emotionale Ausbrüche oder Rückzug zeigen
- körperliche Beschwerden ohne medizinische Ursache haben
- Schwierigkeiten mit Bindung oder Vertrauen haben (z. B. nach Pflege, Heimunterbringung)
Auch bei einem Geburtstrauma kann IBT® hilfreich sein:
- Wenn Geburt für Mutter oder Kind mit Angst, Stress oder lebensbedrohlichen Momenten verbunden war (z. B. Notkaiserschnitt, Trennung nach der Geburt, Frühgeburt)
- Wenn das Kind sehr unruhig ist, schlecht schläft oder stark klammert
- Wenn Mutter oder Vater sich schwer tun, eine Verbindung zum Kind aufzubauen oder sich selbst seit der Geburt „nicht mehr wie sie selbst“ fühlen
Besonderheit: Arbeit mit dem Kind UND den Bezugspersonen
Ein zentrales Element der IBT bei Kindern ist die Einbeziehung der Eltern oder anderer Bezugspersonen. Denn Kinder heilen nicht allein – sie heilen in Beziehung.
Ziele der gemeinsamen Arbeit:
- Die Bindung zwischen Kind und Bezugsperson stärken
- Eltern helfen, das Verhalten und Erleben ihres Kindes besser zu verstehen
- Neue Wege im Umgang mit schwierigen Situationen finden
- Schuldgefühle und Überforderung bei den Bezugspersonen abbauen
- Gemeinsame Sicherheit und Vertrauen aufbauen
Die Therapie kann je nach Alter des Kindes als:
- Eltern-Kind-Therapie (gemeinsame Sitzungen)
- Einzelsitzungen für das Kind
- Beratung/Therapie der Bezugspersonen allein
gestaltet werden.
Wie läuft die Therapie ab?
- Beziehung und Sicherheit aufbauen
Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung – zentral bei Trauma. - Stabilisierung und Ressourcenarbeit
Förderung von innerer Stärke, Selbstregulation, sicheren inneren Bildern. - Sanfte Traumabearbeitung
Traumatische Erlebnisse werden in kleinen, gut verträglichen Schritten betrachtet und verarbeitet. - Integration und neue Orientierung
Das Erlebte wird Teil der Lebensgeschichte – ohne zu überfordern. Neue Handlungsspielräume entstehen.
Methoden
- Gespräche, kreative Methoden, Körper- und Atemübungen
- Arbeit mit inneren Anteilen ("inneres Kind", "innere Helfer")
- Imaginative Verfahren (z. B. sicherer Ort)
- Achtsamkeit und Wahrnehmungsübungen
- Eltern-Kind-Interaktion fördern
- Bindungsfördernde Rituale, Spiele oder Berührungen (altersentsprechend)
Wirkung
- Mehr innere Sicherheit und Selbstregulation
- Abnahme von Ängsten, Übererregung und Rückzug
- Stärkeres Selbstwertgefühl
- Verbesserung der Eltern-Kind-Bindung
- Reduktion von psychosomatischen Beschwerden
- Mehr Leichtigkeit, Spiel und Freude im Alltag
Mögliche Nebenwirkungen / Risiken
- Vorübergehend verstärkte emotionale Reaktionen
- Reaktivierung von alten Gefühlen (z. B. Angst, Trauer)
- Gefahr der Re-Traumatisierung, wenn zu schnell zu tief gearbeitet wird
- Zu starke Bindung an Therapeut*in, wenn kein klarer Rahmen gegeben ist
Nutzen der IBT
- Tiefgreifende und langfristige Heilung durch sichere Beziehung
- Stärkung der Selbstregulation, Selbstwahrnehmung und Beziehungsfähigkeit
- Besonders hilfreich bei frühkindlichen und komplexen Traumata
- Unterstützung für das ganze Familiensystem – nicht nur für das betroffene Kind
- Fördert liebevolle, tragfähige Beziehungen zwischen Kind und Bezugsperson